Sanierungsgebiete

Kirchplatz

Am Donnerstag, 2. August 2018 wurde der neugestaltete Kirchplatz feierlich eingeweiht. Genau 20 Jahre nach der Gestaltung von Friedrichstraße und Marktplatz wird die Stadtkirche heute umlaufend von einer attraktiven und hochwertigen Fußgängerzone gerahmt. Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten sich vom 2. bis zum 30. August 2018 in einer Ausstellung in der Stadtkirche über 40 Jahre Stadtentwicklung in Balingen informieren.

Neu gestalteter Kirchplatz mit Wasserspiel
Neu gestalteter Kirchplatz mit Wasserspiel

Ausweitung der Fußgängerzone rund um die Stadtkirche

Mit der fertiggestellten Neugestaltung ist im Zusammenwirken mit dem Marktplatz ein großzügiger und zentraler Stadtplatz (6,1 MB), entstanden, dessen Mitte die städtebauliche prägende Stadtkirche bildet. Um die Voraussetzungen für die Ausweitung der Fußgängerzone vom Marktplatz zum Hinteren Kirchplatz zu schaffen, musste zunächst der Kreuzungsbereich Wilhelmstraße/Am Spitaltörle umgestaltet werden. Die alte Ampelanlage wurde durch einen dreiarmigem Kreisverkehr ersetzt, sodass eine Zufahrt von der Oberen Kirchstraße zur Wilhelmstraße nun nicht mehr möglich ist. Die Adlerstraße wird dann Teil der Fußgängerzone.

Bauablauf

Eine Baumaßnahme dieser Größenordnung bedeutet für Anwohner eine nicht unerhebliche Belastung. Das Baudezernat hatte die von der Baumaßnahme als Anlieger betroffenen Eigentümer, Mieter und Pächter am 9. März 2017 im Großen Sitzungssaal im Rathaus über die Baumaßnahme informiert. Tiefbauamt und Stadtplanungsamt waren sehr daran interessiert, die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten, sowie für einen zügigen und reibungslosen Bauablauf zu sorgen.
Während den Bauarbeiten wurde die Zugänglichkeit der Stadtkirche sowie der angrenzenden Einzelhändler und Gastronomien jederzeit sichergestellt. Gemeinsam mit der Baufirma, die in der Gemeinderatssitzung am 28. März 2017 den Zuschlag erhielt, wurde unter Würdigung der Interessen der Anlieger ein konkreter Bauzeitenplan erarbeitet. Die hohe Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten machte es möglich, dass die Außengastronomie auch während der Bauphase nie eingestellt werden musste. Auch das zeitliche Zusammentreffen der städtischen Baumaßnahme mit dem Neubau des Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Adler-/Wilhelmstraße erforderte eine gut ausgeklügelte Logistik sowie ein hohes Maß an Kooperation.

Die Neugestaltung der Platzfläche zwischen Stadtkirche und Kreisverkehr war zum Reformationstag am 31.Oktober 2017 weitestgehend fertig gestellt, sodass die Stadtkirchengemeinde den Abschluss des sog. Lutherjahrs feierlich begehen konnte.

Der Betonkreisel

Der Gemeinderat hat am 24. November 2015 grünes Licht für die Ausführung des Kreisverkehrs in Betonbauweise gegeben. Im März 2016 wurden die Straßenbauarbeiten für die Umgestaltung des Kreuzungsbereichs vergeben. Langfristig zahlt sich die Verwendung von Beton statt Asphalt aufgrund seiner Langlebigkeit und Belastbarkeit aus. Beton kann im Gegensatz zur herkömmlichen Asphaltbauweise die hohen Schubkräfte im Kreisverkehr aufnehmen, es entstehen keine Spurrinnen und Verdrückungen. Insgesamt ist mit einem deutlich geringeren Wartungsaufwand zu rechnen. Die Materialwahl kommt auch dem gestalterischen Gesamtkonzept „Hinterer Kirchplatz“  zugute: Durch den Verzicht auf übliches Straßenbauvokabular erstreckt sich der Platzcharakter vom Westportal der Stadtkirche bis hin zu City Center und Parkhaus.

Mit der Verkehrsfreigabe des Betonkreisverkehrs am 23. November 2016 unter Anwesenheit von Oberbürgermeister, Gemeinderäten, Baudezernent sowie Baufirma pünktlich zum Christkindlesmarkt wurde ein wichtiges Etappenziel der Umgestaltung des Hinteren Kirchplatz erreicht.

Ein Buchstabenfeld als Verweis auf historischen Schulstandort

Seit der im  Jahr 2014 durchgeführten intensiven Bürgerbeteiligung „DIALOG Hinterer Kirchplatz“ beschäftigen sich das Stadtplanungsamt zusammen mit dem beauftragten Planungsbüro OK Landschaft aus München/Waiblingen mit der Neugestaltung der Freiflächen zwischen Stadtkirche und Wilhelmstraße.

Die Landschaftsarchitekten schauten dabei besonders intensiv auf die historische Entwicklung rund um die spätgotische Stadtkirche, welche im Stadtgrundriss aus dem 19. Jahrhundert durch Schulhaus, Spital und Spitaltor räumlich gefasst war. Die aktuelle Situation ist geprägt von einem Verlust der historischen Raumkanten und einer ungeordneten städtebaulichen Situation. Insofern ist es maßgebliches Ziel der Planung, die Kontinuität der räumlichen Fassung der spätgotischen Stadtkirche zeitgemäß weiterzuführen:

Die Stadtkirche wird umlaufend von einem einheitlichen Bodenbelag gerahmt, der die Materialen des Marktplatz fortführt. Über diesen Belag legt sich wie ein Teppich, der die historischen Raumkanten der ehemaligen Spitaltorschule nachzeichnet, eine besonders herausgearbeitete Fläche aus großformatigen Granitplatten mit einer fein abgestimmten Textur: Eingefräste Buchstaben und Zahlen unterschiedlicher historischer Schriftarten verweisen auf den ehemaligen Schulstandort. Der Buchstabenteppich wird in Richtung Wilhelmstraße durch eine großzügige und fein detaillierte Sitzbank und ein Wasserspiel, das an den historischen Dammbach erinnert, gefasst. Das Wasserspiel ist belagseben ausgeführt, so dass bei Bedarf die Düsen abgestellt können, um den Platz in vollem Umfang zu nutzen.

Im Gegensatz zum „harten“ Marktplatz sollte der Hintere Kirchplatz durch den weitest gehenden Erhalt der bestehenden Bäume einen „weicheren“ Charakter erhalten. Mit Ausnahme der beiden Bäume direkt im Buchstabenteppich ist der Baumerhalt gelungen: Ein ausgeklügeltes Höhenkonzept, das Barrierefreiheit und Platzentwässerung gleichermaßen erfüllen muss, machte die höhenmäßige Einbindung der bestehenden Bäume erst möglich. Der Entfall der beiden Bäume im Buchstabenteppich hat auch seine guten Seiten: Das mächtige Westportal der Stadtkirche kommt so erstmals uneingeschränkt zur Geltung. Vor allem im Bereich des Lesegartens vor der Stadtbücherei aber auch vor dem noch im Bau befindlichen Wohn- und Geschäftsgebäude wurden die Bäume durch Neupflanzungen ergänzt.

Erfolgreiche Bürgerbeteiligung DIALOG Hinterer Kirchplatz

Der Entwurf für die Platzgestaltung geht aus einer vom Gemeinderat geforderten Bürgerbeteiligung (375 KB) hervor. In der Gemeinderatsitzung am 25. Februar 2014 wurde die Durchführung eines Planungswettbewerbs zur Findung der zukünftigen Platzgestaltung diskutiert. Aufgrund der zu erwartenden hohen Wettbewerbskosten hat der Gemeinderat beschlossen, ein besonders gut geeignetes Planungsbüro mit der Erstellung von drei sich grundsätzlich unterscheidenden Entwurfsvarianten zu beauftragen, die in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden sollten.

Das beauftragte Büro OK Landschaft ist in Arbeitsgemeinschaft mit dem Architekturbüro nbundm aus München als erster Preisträger aus dem Architekturwettbewerb Mühltorplatz hervorgegangen. Die Freiraumplanungen für den Mühltorplatz bestechen durch die gelungene Auseinandersetzung mit der Balinger Stadtgeschichte und Stadtentwicklung. Außerdem verfügt das Büro über zahlreiche Referenzen im Bereich der öffentlichen Platzgestaltung.

Der „DIALOG Hinterer Kirchplatz“ wurde - neben der üblichen Öffentlichkeitsbeteiligung im Bebauungsplanverfahren - durch das Stadtplanungsamt in zwei Bausteinen realisiert: Zum einen wurden die Bürger im Vorfeld angehört, um die Aufgabestellung an den Planer zu formulieren, zum anderen wurden die auf dieser Grundlage erarbeiteten Entwurfsvarianten öffentlich diskutiert. Ergänzend zur Bürgerbeteiligung des Stadtplanungsamtes führte das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Balingen eine Befragung unter Jugendlichen (447 KB) zu deren Wünschen und Vorstellungen durch. Die Auswertung des Meinungsaustausches sollte dem Gemeinderat zur Entscheidungsfindung und schließlich zur Beschlussfassung dienen.

Aktion Stadtplanung VOR ORT

Bei der Aktion „Stadtplanung VOR ORT“ am 26./27. September sowie am 10./11. Oktober 2014 machten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Alters- und Interessengruppen von der Möglichkeit Gebrauch, sich über die Neugestaltung des Hinteren Kirchplatz auszutauschen und ihre Wünsche und Anregungen direkt zu Papier zu bringen.  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes erläuterten vor Ort die Rahmenbedingungen der geplanten Umgestaltung und standen für Fragen zur Verfügung. Die ausgestellten Pläne lieferten einen bauhistorischen Überblick über die Entwicklung des Umfelds rund um die Balinger Stadtkirche bis zurück ins 19. Jahrhundert. Im direkten Gespräch wurde die Meinung von rund hundert Personen auf Interviewbögen festgehalten. Zusätzlich gingen zahlreiche freie Anregungen im Stadtplanungsamt ein.

Die Entwicklung von Marktplatz und Fußgängerzone in den letzten Jahrzehnten erfährt bei den Bürgern große Akzeptanz. Der Hintere Kirchplatz samt Adlerstraße und Umfeld war bis vor der Neugestaltung ein wenig attraktiver Ort. Der Handlungsbedarf stand für die meisten außer Frage. Die Bürger wünschten sich eine Aufwertung des Platzes mit Fortführung der Fußgängerzone. Dabei sollte kein zweiter Marktplatz entstehen, sondern ein erweiterter Stadtplatz mit eigenständiger Identität. Ausreichend Sitzgelegenheiten, ein Pflaster ohne Stolperfallen, Bäume und ein ausgewogenes Verhältnis von Aktiv- und Ruhezonen sollten im Vordergrund stehen. Viele Bürger wünschten sich ein Miteinbeziehen der Stadtbücherei in die Gesamtkonzeption. Eine Wiederaufnahme der historischen Raumkante „Krottengrabenschule“ konnten sich die Balinger zum Zeitpunkt der Befragung eher nicht vorstellen. Für kleinere Kinder sollten Spielzonen geschaffen werden. Für Jugendliche sollten Aufenthaltsmöglichkeiten, nicht jedoch große Spielgeräte und Sportflächen zur Verfügung gestellt werden.

Auf der Grundlage der Anregungen aus der Bürgerschaft wurden vom Planungsbüro OK Landschaft vier unterschiedliche Planungsvarianten untersucht. In der Sitzung des Gemeinderats am 24. Februar 2015 wurden die Entwurfsvarianten für die Neugestaltung des Hinteren Kirchplatz durch das Planungsbüro öffentlich vorgestellt.

Öffentliche Diskussion der Entwurfsvarianten und Baubeschluss

Die Beteiligung der Bürgerschaft am Planungsprozess wurde in Form einer öffentlichen Diskussion fortgesetzt. Am Dienstag, 17. März 2015 präsentierten Landschaftsarchitekt und Verkehrsgutachter die Entwurfsvarianten (14,6 MB) in einer Informationsveranstaltung in der Mensa im Schulzentrum Längenfeld. Die Planungen für den Hinteren Kirchplatz wurden vom 18. bis 21. März 2015 im Rathaus-Foyer ausgestellt. Den Abschluss bildete die Aktion ‚Varianten im Gespräch‘ am Samstag, 21. März 2015 im Rathaus-Foyer. Viele Interessierte nutzten die Gelegenheit zu Information, Meinungsbildung und Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des städtischen Stadtplanungsamt.

Als klarer Favorit aus Sicht der Bürgerschaft hat sich die Entwurfsvariante 2 „Belagsteppich“ herausgestellt. Dies zeichnete sich bereits bei der Diskussion am 17. März 2015 ab. Deutlicher wurde das Meinungsbild durch die intensiven Gespräche am 21. März 2015 im Rathausfoyer, sowie die Auswertung der insgesamt 33 Rückmeldebögen: 23 Rückmeldungen sprechen sich für die Variante 2 aus.

In der Sitzung des Gemeinderats am 28. April 2015 wurde schließlich einstimmig der Baubeschluss für die Entwurfsvariante „Belagsteppich“ in Kombination mit einem „Lesegarten“ vor der Stadtbücherei gefasst. Dem Wunsch der Bürger bei der Aktion „Stadtplanung VOR ORT“, das Grundstück des 1980 abgebrochenen Schulgebäudes als Freifläche zu belassen, wird somit Rechnung getragen.

Städtebauliche Ausgangssituation

In den späten 1970er bzw. Anfang der 1980er Jahre wurde ‚Am Spitaltörle, nördlich der Stadtkirche, eine erste verkehrsfreie Zone mit Parkierungsflächen geschaffen, welche nach dem Abbruch der Krottengrabenschule 1980 zu einem Platz und Aufenthaltsbereich erweitert werden konnte. Baumpflanzungen und Pflasterung mit Porphyr haben dem Bereich damals zu einer neuen Qualität verholfen. Die Adlerstraße und der große Kreuzungsbereich mit der Wilhelmstraße mussten aufgrund ihrer Verkehrsbedeutung damals erhalten bleiben.

Nach der Umgestaltung der Friedrichstraße und der Anlage des Marktplatzes als Fußgängerzone in den Jahren 1996/1997 hat sich die Situation grundlegend geändert. Die Adlerstraße hatte nun für den Fahrverkehr nur noch eine untergeordnete Bedeutung, blieb als Verkehrsfragment jedoch bis zur aktuellen Umgestaltung erhalten. Die daran anschließenden Grünflächen waren weitgehend funktionslos und bildeten Barrieren für Fußgänger beim Überqueren der Platzfläche. Der Bereich vor dem Portal der Stadtkirche vermittelte keine Aufenthaltsqualität, ein städtischer Platz war weder erkenn- noch erlebbar.

Eine bessere Anbindung des CityCenters und des Parkhauses Wilhelmstraße an die Balinger Innenstadt im Rahmen der Umgestaltung der Kreuzung zu einem Kreisverkehrsplatz und Fußgängerüberwegen mittels Zebrastreifen war seit langem ein zentrales städtebauliches Ziel.

Im Rathausfoyer fand am 20. Januar 2014 eine Bürgerinformationsveranstaltung statt, bei der die bereits durchgeführte städtebauliche Untersuchung, die angestrebte Kreisverkehrslösung und Grundzüge der Neugestaltung des Platzes sowie der Entwurf des Bebauungsplanes ‚Adlerstraße / Wilhelmstraße‘ vorgestellt wurden. Die Planung für die veränderte Verkehrsführung, samt Kreisverkehrslösung, sowie die Planung für die Neugestaltung des Hinteren Kirchplatzes wurde von den anwesenden Bürgern weitgehend positiv aufgenommen.

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