Zum 125. Todestag von Karl von Leibbrand

Am 13. März jährt sich der Todestag des Balinger Ehrenbürgers zum 125. Mal

Karl von Leibbrand

Hochwasser 1895: Warum Karl von Leibbrand zum ersten Balinger Ehrenbürger erklärt wurde. Als die zweite Flutwelle am 5. Juni 1895 um Mitternacht Balingen erreichte, überrollte ein Gemisch aus Schlamm, Geröll, Holzbalken zerstörter Häuser und Baumstämme die idyllische Stadt Balingen. Holzbrücken, Stege und Mühlen sackten wie Streichhölzer in die Eyach und die reisende Flutwelle zerstörte Häuser und Straßen. Das Ausmaß der Katastrophe wurde erst bei Tageseinbruch sichtbar, als der Wasserpegel stündlich zu sinken begann. Balingens Bürger standen unter Schock – 41 Menschen riss die Flut in den Tod.

 
Als Karl von Leibbrand bereits ein Tag nach dem Jahrhunderthochwasser am 06. Juni 1895 in Balingen mit einem Stab von Ingenieuren und Technikern eintraf, war die Stadt ein Ort der Verwüstung. Überall war dringend Hilfe nötig und so wurde umgehend ein örtliches Hilfskomitee ins Leben gerufen. Karl von Leibbrand fungierte in Sachen Hilfeleistung als Zentralfigur für das von der Flutkatastrophe betroffene obere Eyach- und Schlichemtal. Innerhalb eines Jahres konnten bereits die gröbsten Schäden behoben werden aber der Schock und die Angst der Mitbürger vor einem weiteren Hochwasser wurzelte tief. Selbstlos und unermüdlich weilte Leibbrand in der hart betroffenen Region und führte die Flusskorrektion, die Brücken- und Wehrbauten und die notwendig gewordenen Straßenverlegungen durch. Mit seinen einleitenden Schutzmaßnahmen bewahrte Karl von Leibbrand die Stadt Balingen somit vor einem weiteren verheerenden Hochwasser.

 
Dankbar standen die Balinger dem örtlichen Hilfskomitee und all jenen gegenüber, die Ihnen in der schweren Zeit helfend zur Seite standen. Und so sei es nicht verwunderlich, wenn eineinhalb Jahre nach der verheerenden Katastrophe in der Gemeinderatssitzung am 05. Januar 1897 auf der Tagesordnung der Punkt angesprochen wurde, mit welcher Geste man den „Wohltätern in Dankbarkeit gerecht“ werden kann. Wie es im Gemeinderatsprotokoll niedergeschrieben ist, wurde „anläßlich der Gedenkfeier des großen Überschwemmungsunglücks vom 4. bis 6. Juni 1895, welches so großes Elend über unsere Gemeinde gebracht hat, […] der Antrag gestellt, den Herren Präsident von Leibbrand […] und Oberamtmann Filser von Balingen das Ehrenbürgerrecht zu erteilen“. Wie der Ratsschreiber im Weiteren festhält, ist der Antrag mit der Tatsache begründet worden, dass sich Karl von Leibbrand und Josef Filser „beim Rettungswerk, der Wiederherstellung der Wasserschäden und bei der Linderung der Not sich die größten Verdienste erworben haben“. Da die Gemeinderäte die Arbeit der aufopfernden Helfer in besonderer Weise danken wollten, beschlossen sie einstimmig erstmals das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

 
Karl von Leibbrand war zu jener Zeit kein Unbekannter. Der am 11. November 1839 in Ludwigsburg geborene Sohn des Christian Leibbrand schloss mit 25 Jahren die beiden Staatsprüfungen im Bau-Ingenieurfach ab. Nach einem Jahr erhielt er 1866 eine Stelle als Bezirksstraßenbauinspektor in Oberndorf. Worauf er 1867 die Tochter des Gründers des Schwarzwälder Boten, Wilhelm Brandecker, heiratete. Im Jahre 1875 wurde er in die Stuttgarter Ministerialabteilung für den Straßen- und Wasserbau einberufen und ist 1882 zum Oberbaurat ernannt worden. Karl von Leibbrand ist 1891 zum Vorstand der Königlichen Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau befördert worden. Und für seine Verdienste beim Bau der verbindenden König-Karls-Brücke zwischen Stuttgart und Cannstatt ehrte ihn der König 1893 mit der Ernennung zum Präsidenten. Im Gebiet des Brückenbaus ist er ein Pionier seiner Zeit gewesen. Seine erbrachten Verdienste bescherten ihm mehrere Ehrenbürgerrechte, wie in Cannstatt, Munderkingen, Wildbad, Alpirsbach und Schramberg, wo er eine Eisenbahnbrücke erbaut hatte.  
 
 
Für die Stadt Balingen und ihre Ortsteile glich diese Naturkatastrophe als eine Art Zäsur. Das örtliche Hilfskomitee gab den Balingern Hoffnung und Karl von Leibbrand und Oberamtsmann Josef Filser haben sich als Retter in der furchtbaren Not erwiesen. Bereits im Januar 1897 wurde der Präsident Leibbrand von dem Hochwasser betroffenen Gemeinden Frommern, Dürrwangen, Hausen am Tann, Laufen, Lautlingen, Margrethausen, Pfeffingen und Ratshausen mit einem Ehrenbürgerrecht gewürdigt. Karl von Leibbrand und Oberamtsmann Filser sind eng mit der Balinger Stadtgeschichte verwurzelt und zu Recht zu Balingens Ehrenbürger ernannt worden. Karl von Leibbrand ist mit 59 Jahren am 13. März 1898 in Stuttgart verstorben. Wie es im Nachruf des Amts- und Anzeigenblatts für den Bezirk Balingen heißt, hat sich Karl von Leibbrand durch seine Tätigkeit „ein Denkmal gesetzt, dauernder als Stein und Erz“.
 
 
 
Stadtverwaltung Balingen
Stadtarchiv
Heinzlenstr. 12
Verfasst von Nicole Scheletz M.A.