Sanierungsgebiete

Mühltorplatz

Ein neues Stadtquartier ist fertiggestellt. Das Sanierungsobjekt Mühltorplatz wurde am 13. Oktober 2022 offiziell eingeweiht. Der südliche Bauabschnitt mit großzügiger Freitreppe und Sitzgelegenheiten im Bereich des Fischaufstieges wurde bereits 2020 gebaut. Dieses Jahr schloss sich der nördliche Bauabschnitt mit seinen Altstadtgassen Richtung Färberstraße an. Besonders prägnant ist dabei die neugestaltete Einfassung des ehemaligen Mühlkanals. Der Gesamtentwurf entstammt einem von Wohnbau und Stadt Balingen gemeinschaftlich ausgelobten Planungswettbewerb.

Bei der Einweihung durchschneiden Teilnehmer das gespannte Band

Neues Wohnquartier an der Eyach

Das neue Wohnquartier (3 MB), entworfen von nbundm* Architekten aus München, liegt direkt am künftigen Gartenschaugelände. Es bindet an die bestehende Bebauung ‚Beim Mühltor‘ an und reicht bis an die Eyach, wo zwei Punkthäuser mit Ihren Doppelgiebeln die Formensprache der Klein-Venedig-Silhouette fortführen. Ein schmales Gebäude dazwischen gliedert die öffentlichen Flächen in zwei Altstadtgassen, die am Fischaufstieg des Mühlkanals in einem kleinen Quartiersplatz, dem ‚Mühltorplatz‘, münden. Die Fahrverbindung zwischen der ‚Färberstraße‘ und der ‚Herrenmühlenstraße‘ bleibt erhalten. Die Bebauung geht auf einen Architekturwettbewerb zurück, der im Jahr 2013 unter Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit durchgeführt wurde. Am Tag der Städtebauförderung 2016 wurde die geplante Sanierung und Bebauung ‚Am Mühltor‘ als besonders beispielhaft vorgestellt.

Ergänzend zu den privaten Wohngebäuden hat die Stadt Balingen die öffentlichen Freiflächen hergestellt. Entwurf und Planung der Freianlagen stammen von Andreas Kicherer, Büroinhaber von OK Landschaft aus München/Waiblingen, der bereits für die Gestaltung des Kirchplatzes verantwortlich war. Die Bauleitung übernahm Alexander Mezger, Büroinhaber des Landschaftsarchitekturbüros arbol aus Rottweil.

Zeitplan und Bauablauf

Bereits im Jahr 2015 wurde mit dem Abbruch der alten Bausubstanz begonnen. Durch eine groß angelegte Grabung des Landesamtes für Denkmalpflege ruhte die Baumaßnahme für mehrere Monate bis schließlich Ende 2016 die restliche Grundstücksfreimachung erfolgen konnte. 2017/2018 wurden die privaten Wohngebäude errichtet während die Planungen für die öffentlichen Flächen vorangetrieben wurden. Am 27. November 2018 fasste der Gemeinderat den Baubeschluss (10,5 MB) für die Freianlagen. Nach öffentlicher Ausschreibung wurden am 26. Februar 2019 die Tiefbauarbeiten an die ortsansässige Firma Stumpp sowie die Schlosserarbeiten an die Firma Baur Metallwerkstatt aus Dotternhausen vergeben.

Die Baumaßnahme erfolgte in zwei Bauabschnitten. Der Bau des südlichen Abschnitts wurde im September 2019 begonnen und im Sommer 2020 fertiggestellt. Aufgrund der Errichtung eines weiteren privaten Wohngebäudes wurde der nördliche Bereich bis zur Färberstraße zurückgestellt. Von März bis August 2022 wurde der zweite Abschnitt gebaut und somit das Sanierungsprojekt abgeschlossen.

Fortsetzung von Klein Venedig

20 Jahre nach der Sanierung des ehemaligen Gerberviertels Klein Venedig wurde die markante Eyachsilhouette durch eine hochwertige und sensible Bebauung ergänzt. Ein kleiner Quartiersplatz am Mühlkanal komplettiert die altstadtgerechte Nachverdichtung. Städtebauliche Missstände konnten behoben und das seit mehreren Jahrzehnten brachliegende und untergenutzte Areal einer sinnvollen Nachnutzung zugeführt werden. Nach über zweijähriger Bauzeit entstanden 22 hochwertige innerstädtische Wohnungen. Zur Wahrung des städtebaulichen Maßstabs und zur Einbindung in den typischen Gebietscharakter wurden die Wohnungen in vier Einzelgebäuden angeordnet, die in Größe, Höhe und Dachform an die Umgebung angepasst sind. Aufbauend auf den historischen Strukturen und dem Sanierungsansatz des Gebietes ‚Klein Venedig‘ entwickelt der Entwurf die kleinparzellierte städtebauliche Struktur des ehemaligen Gerberviertels an der Nahtstelle zum klassizistischen Stadtgrundriss weiter.

Kontinuierliche Stadtentwicklung in Balingen

Mit großem Erfolg betreibt die Stadt Balingen seit über 40 Jahren die städtebauliche Erneuerung (2,7 MB)  des Stadtkerns. Auf der Grundlage eines 1982 durchgeführten städtebaulichen Ideenwettbewerbes wurde die Innenstadt, die bisher von einer hohen Verkehrsbelastung und fehlender räumlicher Struktur geprägt war, umfangreich umgestaltet. Dadurch konnte der gesamte Stadtkern verkehrsberuhigt und der Bereich um den Marktplatz als zentrale Mitte gestaltet werden. Die Stadterneuerungsmaßnahmen im Bereich der Fußgängerzone fanden ihre Fortsetzung nach Norden in der Neugestaltung der Bahnhofstraße und im Süden im Bereich der Torbrücke. Bis heute werden die Ränder des vom Klassizismus geprägten Innenstadtbereich schrittweise im Rahmen der Sanierung bearbeitet.

Die Ausrichtung der Gartenschau im Jahr 2023 sowie das in den kommenden Jahren zu erarbeitende Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) bringen weitere Handlungsfelder mit sich und sorgen so für eine auf Zukunftsfähigkeit ausgerichtete Stadtentwicklung, die Balingen als attraktiven Standort für gesundes Wohnen und Arbeiten erhalten und dauerhaft weiterentwickeln wird.

Große Grabungskampagne des Landesamts für Denkmalpflege

Das Baugrundstück, für dessen sensible Neubebauung im historischen Kontext „Klein Venedig“ bereits in den Jahren 2013/14 von der Wohnbau gemeinsam mit der Stadt Balingen ein Architekturwettbewerb ausgelobt wurde, befindet sich in einem historisch bedeutsamen Areal, das zum historischen Stadtkern Balingens gehört. Die alte Stadtbefestigung, die sich unter der für die Neubebauung vorgesehenen Fläche befindet, ist ausgewiesenes archäologisches Kulturdenkmal.

Durch eine Sondierungsgrabung im Juli 2015 verschafften sich die Denkmalschützer ein Bild von den zu erwartenden Funden und ordneten aufgrund der historischen Relevanz umfangreiche Rettungsgrabungen an. Zu erwarten waren Erkenntnisse zu unterschiedlichen Ausbauphasen der Stadtbefestigung, zu der in Teilen bereits 1978 abgerissenen Herrenmühle, einer ihr zugerechneten Öl-, Schleif- und Sägemühle und der zum Quartier ‚Klein Venedig‘ gehörenden Lohmühle.

In der neunmonatigen Grabungskampagne, deren Kosten aufgrund gesetzlicher Vorgaben durch die Wohnbau Balingen übernommen werden müssen, konnten relevante Erkenntnisse für die Geschichte der Stadt gewonnen werden. Dies gilt insbesondere für die Stadtbefestigung, aber auch für die Baugeschichte der Mühlengebäude. So wurde der Nachweis erbracht, dass die immer wieder als ‚Zwingermauer‘ angesprochene Mauer, die parallel zur Eyach verläuft, sowie ein bisher unbekannter Turm einer spätmittelalterlichen Stadterweiterungsphase zuzurechnen sind. Diese Stadterweiterung sollte den Bereich des Gerberviertels und die Mühlen sichern. Im Westen des Grabungsareals konnte erstmals die eigentliche Zwingermauer nachgewiesen werden, die vermutlich im Jahr 1672 mit der Herrenmühle überbaut wurde. Sie verlief im Bereich der Straße ‚Beim Mühltor‘ parallel zum dort bekannten Stadtmauerverlauf.

Für die Mühlengebäude selbst konnten interessante bauliche und technische Details dokumentiert werden. So ist die mehrphasige Entstehung der Lohmühle durch die Verwendung verschiedenster Baumaterialen und durch das Auffinden übereinander liegender Fußböden abzulesen. Außerdem wurden  Mahlsteinfragmente gefunden, die der Ölmühle zuzuordnen sind. Es konnten zudem technische Details der Mahlwerke dokumentiert werden.

Neben den architektonischen Hinterlassenschaften konnte auch Fundmaterial, wie Keramik-, Glas- und Metallfragmente geborgen werden. Insbesondere Randstücke, aber auch Henkel und Böden von keramischen Gefäßen lassen sich zeitlich gut einordnen und helfen somit, die Gebäude- und Befundkomplexe zeitlich einzuordnen.

Die Ergebnisse der Ausgrabung (2,8 MB) entsprechen aus wissenschaftlicher und heimatgeschichtlicher Sicht in hohem Maß den Erwartungen des Landesamtes für Denkmalpflege. Interessierte Bürger konnten sich am Samstag, 23. Juli 2016 bei einem Tag der offenen Tür (847 KB) über die Ergebnisse der Grabungsarbeiten informieren.  

Nach Abschluss der Grabungen konnte das Areal vereinbarungsgemäß zum 1. August 2016 der Wohnbau Balingen für den Neubau von vier hochwertigen Mehrfamilienhäusern übergeben werden. Planmäßig sollte bereits 2015 mit dem Neubau der vier Gebäude begonnen werden. Durch die Grabungen verzögerte sich der geplante Baubeginn um rund ein Jahr.

Wettbewerb

Um sowohl die städtebaulichen als auch die wohnungswirtschaftlichen Zielsetzungen bestmöglich verwirklichen zu können, wurde durch die Wohnbau gemeinsam mit der Stadt Balingen am 8. November 2013 ein nicht offener Realisierungswettbewerb ausgelobt (5,6 MB). Ein Architekturwettbewerb stellt die bestmögliche Qualitätssicherung hinsichtlich Funktionalität, Ökonomie, Ästhetik und Nachhaltigkeit dar und genießt aufgrund seiner fairen Wettbewerbsbedingungen und dem hohen Maß an Transparenz große Wertschätzung in der Öffentlichkeit.

Es sollten vielfältige Entwurfskonzepte für eine qualitätsvolle, maßstäbliche und gegliederte Wohnbebauung gefunden werden, die die ortsspezifische Charakteristik des Gebietes ‚Klein-Venedig‘ berücksichtigen und der städtebaulichen Bedeutung der durch Satteldächer geprägten Stadtsilhouette entlang der Eyach gerecht werden. Neben der Planung einer Wohnbebauung war die Gestaltung der umgebenden öffentlichen Platz- und Wegeflächen Bestandteil der Aufgabenstellung. Die bestehenden städtebaulichen Mängel sollten behoben, das Quartier gänzlich neu gestaltet und ein kleiner identitätsstiftender Stadtplatz geschaffen werden.

Insgesamt haben sich 71 Architekturbüros aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland für die Teilnahme beworben. Neben drei gesetzten Architekturbüros aus der Region wurden im Rahmen eines qualifizierten Auswahlverfahrens 12 weitere Wettbewerbsteilnehmer bestimmt. Nach einer zweimonatigen Bearbeitungszeit wurden schließlich 12 Arbeiten anonym eingereicht. Aus der Preisgerichtssitzung am 28. Februar 2014 (6,1 MB) ging das Büro ‚nbundm* Architekten BDA und Stadtplaner‘ aus München gemeinsam mit dem Büro für Landschaftsarchitektur ‚OK Landschaft‘ als Wettbewerbsgewinner hervor.

Aufbauend auf den historischen Strukturen und dem Sanierungsansatz des Gebietes ‚Klein Venedig‘ entwickelt der Entwurf die kleinparzellierte städtebauliche Struktur des ehemaligen Gerberviertels an der Nahtstelle zum klassizistischen Stadtgrundriss weiter. Sowohl die städtebauliche Maßstäblichkeit als auch die detailliert ausgearbeiteten Vorschläge zur Gestaltung des öffentlichen Raumes wurden vom Gremium ausdrücklich gelobt. Der Entwurf (3 MB) schafft eine spannende und differenzierte Abfolge gut proportionierter öffentlicher und privater Aufenthaltsräume.

Die weiteren Preise (5,4 MB) erhielten die Büros ‚Schlude Ströhle Richter Architekten‘ und ‚Architektur 109‘, beide aus Stuttgart. Anerkennungen wurden ausgesprochen für die Arbeiten von ‚ABMP GmbH + Co.KG‘ aus Freiburg und für ‚bogevischs buero architekten & stadtplaner‘ aus München. Alle Entwürfe waren vom 2. bis zum 5. März 2014 öffentlich ausgestellt.

Bebauungsplan und örtliche Bauvorschriften

Für den Bebauungsplan ‚Mühltorplatz‘ (1,4 MB) wurde am 22. Oktober 2013 der Aufstellungsbeschluss gefasst. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden erfolgte in der Zeit vom 11. November 2013 bis 11. Dezember 2013. Der Gemeinderat der Stadt Balingen hat am 24. Februar 2015 in öffentlicher Sitzung den auf das Wettbewerbsergebnis maßgeschneiderten und um das gesamte Quartier „Färberstraße/Neue Straße/Herrenmühlenstraße“ erweiterten Bebauungsplanentwurf sowie die örtlichen Bauvorschriften gebilligt und den Auslegungsbeschluss gefasst.  Vom 23. März 2015 bis einschließlich 23. April 2015 bestand für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, die Unterlagen im Stadtplanungsamt und auf der Homepage der Stadt Balingen einzusehen und Anregungen vorzubringen. Rechtskraft erlangte der Bebauungsplan ‚Mühltorplatz‘  am 28. Mai 2015.

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