Paul von Beneckendorff und von Hindenburg


In mahnender Erinnerung

Paul von Beneckendorff und von Hindenburg wird als Sohn des preußischen Offiziers Robert von Beneckendorff und von Hindenburg und der Arzttochter Luise (geb. Schwickart) am 02. Oktober 1847 in Posen geboren. Er entstammt einer Familiendynastie, die sich dem Militärdienst verschrieben hatten, weswegen sich der spätere Feldmarschall immerzu mit Stolz als Soldatenkind beschrieben habe. Nach Absolvierung der Kadettenschule folgte die Versetzung in die Hauptkadettenanstalt in Berlin und danach die Aufnahme in die Kriegsakademie im Jahre 1873. Paul von Beneckendorff und von Hindenburg legte eine steile militärische Karriere hin, vom Hauptmann bis zum Generalfeldmarschall.

Am 09. April 1925 nahm der parteilose Hindenburg die Kandidatur für die Reichspräsidentschaft an. Er gewann die Wahl mit 48,3 Prozent und leistete trotz seines Bekenntnisses zur Monarchie den Eid auf die Weimarer Verfassung. Im Winter 1931/1932 waren ungefähr acht Millionen Menschen im Reich arbeitslos gemeldet und die politischen Unruhen nahmen kein Ende. Im Frühjahr 1932 ging die Amtsperiode des Reichspräsidenten zu Ende und Hindenburg hatte die ernste Absicht, sich in den Ruhestand zu verabschieden. Doch Heinrich Brüning, Kurt von Schleicher und Otto Braun überstimmten ihn im Amt zu bleiben. Denn nur so könnte ein rechts- oder linksextremer Nachfolger verhindert werden. Die Gefahr bestand durchaus, denn Hitler habe sich als Kandidat um die Reichspräsidentschaft aufgestellt.Das Auftreten der Nationalsozialisten missfiel Paul von Hindenburg, dem seiner Ansicht nach junge verhetzte Leute angehörten. Auch wurde es publik, wie Paul von Hindenburg sich in einem Gespräch mit Kurt von Schleicher gegen Hitler äußerte, dass derselbige höchstens zum Postminister tauge, nicht aber zum Reichskanzler. 

Hindenburg setzte eine Verlängerung seiner Amtsperiode für mindestens zwei Jahre durch. Als Hindenburg seine zweite Präsidentschaftswahl am 10. April 1932 gewann, forderte Heinrich Brüning ein sofortiges Verbot der SA und SS wegen landesverrätischer Politik zu erlassen. Brüning und Wilhelm Groener drohten mit Rücktritten, wenn Hindenburg dieser Forderung nicht nachkomme. Kurt von Schleicher hingegen riet Paul v. Hindenburg davon ab. Hindenburg stufte eine derartige Verordnung gegen eine Partei direkt nach der Wiederwahl jedoch als zu riskant ein. Doch entsprechend dem internen Druck, ließ er das Verbot am 13. April 1932 wirksam werden. Es folgten Protestschreiben.Hindenburg strebte eine neue Regierung an und wünschte sich einen Kanzler, der parteipolitisch unabhängig war. So löste er am 04. Juni 1932 den Reichstag auf. Hindenburg und seine Regierung setzten die Verordnung gegen das Verbot von SS und SA wieder außer Kraft. Der Reichspräsident war im Glauben die Radikalisierung und Gewalttätigkeiten auf diese Weise zu unterbinden, was sich jedoch als Fehler erwies. Die Neuwahlen verhinderten Hindenburgs Plan, denn eine Reichstagsmehrheit ohne Nationalsozialisten war nun undenkbar. Es folgten Gespräche mit Hitler. Hindenburg hatte schwerste Bedenken Hitler zum Reichskanzler zu berufen und könnte dies „seinem Gewissen und dem Vaterlande nicht verantworten, einer Partei die gesamte Regierungsgewalt zu übertragen, noch dazu einer Partei, die einseitig gegen Andersdenkende eingestellt“ ist.[1]

Am 06. November 1932 fanden Neuwahlen statt und Hindenburg hielt weiterhin an der Vorstellung fest, Franz von Papen zum Kanzler zu ernennen. Doch die Sozialdemokraten und die Kommunisten hatten sich gegen Papen gestellt. So fanden Gespräche mit Hitler statt. Hindenburg erteilte ihm die Führung eines Präsidialkabinetts zu übernehmen aber beabsichtige keineswegs, dass derselbige Kanzler werde. In einem Schreiben, das auch die Presse erhielt, manifestiert Hindenburg öffentlich, dass ein von Hitler geführtes Präsidialkabinett sich zweifellos zu einer Parteidiktator verwandeln würde. Hindenburgs Favorit für das Amt des Kanzlers war Papen, doch dieser verlor wegen der Propaganda der Nationalsozialisten zunehmend an Vertrauen, weswegen eine zweite Kanzlerschaft ausgeschlossen war.

Kurt von Schleicher wurde zum Kanzler ernannt. Franz von Papen blieb als Berater bei Hindenburg, agierte gegen Schleicher und ebnete der Regierung Hitlers den Weg, damit er selbst wieder eine Machtposition einnehmen kann. Hindenburg vertraute Papen vollends und so war er im Glauben gefangen, Papen gelinge es Hitler für eine Koalition fügig zu machen. Parallel forderte Schleicher einen Staatsnotstand, der jedoch publik wurde. Alle Parteien forderten seinen Rücktritt und auch Hindenburg brachte Schleicher kein Vertrauen mehr entgegen. Er bewertete die Bemühungen Schleichers als endgültig gescheitert.

Papen überzeugte Hindenburg, Hitler zum Kanzler zu ernennen. So wurde Franz von Papen von Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933 zum Vizekanzler und Hitler zum Reichkanzler ernannt. Zwei Tage nach der nationalsozialistischen Machtergreifung bekundet Erich Ludendorff in einem Brief an Hindenburg eine zutreffende Prophezeiung:

Sie haben durch die Ernennung Hitlers zum Reichkanzler einem der größten Demagogen aller Zeiten unser heiliges deutsches Vaterland ausgeliefert. Ich prophezeie Ihnen feierlich, daß dieser unselige Mann unser Reich in den Abgrund stoßen, unsere Nation in unfaßbares Elend bringen wird, und kommende Geschlechter werden Sie verfluchen in Ihrem Grabe, daß Sie das getan haben“.[2]

Mit der Unterzeichnung der Reichstagsbrandverordnung durch Hindenburg am 28. Februar 1933 wurden die Bürgerrechte außer Kraft gesetzt und der Weg in die nationalsozialistische Diktatur geebnet. Bei der von Propagandaminister Joseph Goebbels am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, inszenierten Eröffnung des neu gewählten Reichstags wurde durch die Verneigung Hitlers vor dem Reichspräsidenten eine symbolträchtige Kontinuität zwischen der Kaiserzeit und dem Dritten Reich hergestellt. Hindenburgs Ansehen wurde für das neue Regime instrumentalisiert.  

Straßenbenennung
Die Benennung der Straße nach Paul von Hindenburg erfolgte in Balingen bereits 1927. Im Zuge einer ortbauplanmäßigen Anlegung wurde die einstige Neue Straße in die Hindenburgstraße umbenannt.

Ein Teil der heutigen Hindenburgstraße ist während der nationalsozialistischen Bewegung nach dem Reichstatthalter und Gauleiter Wilhelm Murr benannt worden. Diese Straßenbenennung wurde am 10. Juli 1945 aufgehoben und in Hindenburgstraße umbenannt, da es sich um die Verlängerung derselben handelte.

Der Balinger Gemeinderat setzte sich schon 1946 kritisch mit der personenbezogenen Straßenbenennung auseinander. Stadtrat Mebold stellte den Antrag die Hindenburgstrasse umzubenennen, da „Hindenburg heute nach den Ereignissen der Vergangenheit nicht mehr als die bei der seinerzeitigen Ehrung angenommene Persönlichkeit sei“. Die Umbenennung ist am 19. November 1946 vom Gemeinderat mit 7 gegen 3 Stimmen abgelehnt worden. Die Belassung wurde vorerst damit begründet, dass „erst die spätere Geschichte das richtige Urteil abgeben könne“.[3]

© STADTARCHIV BALINGEN

Quellen:

Kopke, Christoph and Treß, Werner. Der Tag von Potsdam: Der 21. März 1933 und die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur, Berlin, Boston: De Gruyter, 2013
Rauscher, Walter: Hindenburg. Feldmarschall und Reichspräsident, Wien 1997.
Frank, Hans: Im Angesicht des Galgens, München / Gräfelfing 1953
Vogelsang, Thilo: Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge zur deutschen Geschichte, Stuttgart 1962.

[1] Aufzeichnung Meissners über die Besprechung zwischen Hindenburg und Hitler am 13.08.1932, in: Vogelsang, S. 479f.
[2] Frank, Hans: In Angesicht des Galgens, 1953, S. 51f.

[3] Stadtarchiv Balingen, Gemeinderatsprotokoll vom 19. November 1946.